Neue Erkenntnisse: Pilz bedroht Fledermäuse in Nordamerika, Hoffnung auf Behandlung des Weißnasen-Syndroms
BerlinSeit 18 Jahren bereitet der Pilz Pseudogymnoascus destructans den nordamerikanischen Fledermäusen große Probleme. Er verursacht das tödliche Weißnasen-Syndrom, das viele Fledermausarten befällt. Wissenschaftler haben bereits viel über den Pilz erfahren, aber wie die Infektion bei den Fledermäusen beginnt, bleibt bisher unklar.
Forscher der Universität Wisconsin-Madison unter der Leitung von Bruce Klein und Marcos Isidoro-Ayza haben bedeutende Entdeckungen gemacht. Sie untersuchten, wie ein Pilz in die Hautzellen von Fledermäusen, sogenannte Keratinozyten, eindringt und diese beeinflusst.
Wichtige Erkenntnisse umfassen:
- Der Pilz nutzt infizierte Zellen als Zufluchtsort.
- Er verhindert das Absterben der Zellen und entgeht so dem Immunsystem der Fledermäuse.
- Der Eintritt in die Zellen erfolgt während des Torpors der Fledermäuse, einem Zustand reduzierter Stoffwechselaktivität.
Klein und Isidoro-Ayza entwickelten die erste Zelllinie aus der Haut einer kleinen Braunfledermaus und simulierten Bedingungen des Winterschlafs. Dabei änderten sie die Körpertemperaturen, um zu beobachten, wie der Pilz reagiert. Dies war entscheidend, da der Pilz in der Kälte gut wächst und auch dann noch bleibt, wenn die Fledermäuse sich wieder aufwärmen.
Wissenschaftler haben herausgefunden, dass ein Pilz den Rezeptor für epidermalen Wachstumsfaktor (EGFR) nutzt, um in Zellen einzudringen. Dieser Rezeptor spielt auch eine Rolle bei einigen Lungenkrebserkrankungen, die mit dem Medikament Gefitinib behandelt werden. Interessanterweise stoppte die Blockade des EGFR durch Gefitinib die Infektion bei Fledermäusen. Dieses von der FDA zugelassene Medikament könnte in Zukunft möglicherweise Weiße-Nase-Syndrom behandeln oder verhindern.
Clevere Überlebensstrategien des Pilzes bei aktiven Fledermäusen:
- Während Aufwachphasen zwingt der Pilz die Zellen, ihn durch Endozytose aufzunehmen.
- Pilzsporen sind mit Melanin überzogen, das sie vor zellulären Abwehrmechanismen schützt.
- Der Pilz verhindert die Apoptose, die ihn den Immunzellen aussetzen würde.
Die Ergebnisse der Studie könnten zur Entwicklung neuer Behandlungen und Impfstoffe beitragen. Die Forschung wurde mit 2 Millionen Dollar von der National Science Foundation und der Paul G. Allen Family Foundation finanziert. Das Team arbeitete mit Wissenschaftlern des U.S. Fish and Wildlife Service und des National Wildlife Health Center des U.S. Geological Survey zusammen.
Diese Forschung ist entscheidend für den Schutz von Fledermäusen, die bei der Bestäubung und Schädlingsbekämpfung eine wichtige Rolle spielen. Zudem gewinnen wir dadurch wertvolle Erkenntnisse über Pilzkrankheiten, die ein großes Problem für zahlreiche Pflanzenarten sowie Frösche und Reptilien darstellen.
Die Arbeit der Forscher ist ein bedeutender Fortschritt im Verständnis und der Bekämpfung des Weißnasen-Syndroms. Weitere Untersuchungen könnten Wege aufzeigen, wie Fledermäuse und andere Tiere vor schädlichen Pilzen geschützt werden können. Diese Studie verdeutlicht den Wert des Naturschutzes und die Notwendigkeit von Finanzierung und Zusammenarbeit in der wissenschaftlichen Forschung.
Die Studie wird hier veröffentlicht:
http://dx.doi.org/10.1126/science.adn5606und seine offizielle Zitation - einschließlich Autoren und Zeitschrift - lautet
Marcos Isidoro-Ayza, Bruce S. Klein. Pathogenic strategies of Pseudogymnoascus destructans during torpor and arousal of hibernating bats. Science, 2024; 385 (6705): 194 DOI: 10.1126/science.adn5606Diesen Artikel teilen