Ein Jahrzehnt später: Jesiden suchen Stabilität trotz großer Unsicherheit

Lesezeit: 3 Minuten
Durch Hans Meier
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Ein beschädigtes Haus mit überwuchertem Unkraut und Trümmern.

BerlinZehn Jahre nach dem Angriff des Islamischen Staates auf die jesidische Gemeinschaft in Sindjar, Irak, kämpfen die Jesiden weiterhin darum, ihr Leben neu aufzubauen und sichere Unterkünfte zu finden. Bis April 2024 waren laut der Internationalen Organisation für Migration erst 43% der über 300.000 Vertriebenen zurückgekehrt.

Die Yezidi-Gemeinschaft steht vor zahlreichen Herausforderungen.

  • Zerstörte Häuser ohne finanzielle Mittel für den Wiederaufbau
  • Zerfallene Infrastruktur, einschließlich Wasserleitungen, Gesundheitseinrichtungen, Schulen und religiöser Stätten
  • Verschiedene bewaffnete Gruppen kontrollieren das Gebiet
  • Tiefe traumatische Erinnerungen an den IS-Angriff

Sinjar ist die Heimat der Jesiden und hat sowohl emotionale als auch religiöse Bedeutung. Einige befürchten, dass die Jesiden ihre Identität verlieren könnten, wenn sie nicht nach Sinjar zurückkehren. Hadi Babasheikh, der Bruder des verstorbenen jesidischen spirituellen Führers, betont, dass der Jesidismus ohne Sinjar nicht überleben kann. Die Jesiden leben seit Jahrhunderten in Sinjar, in ihren Dörfern und den bedeutenden Sinjar-Bergen.

2014 überfielen IS-Kämpfer Sinjar, um die Religion der Jesiden auszulöschen. Sie töteten Männer und Jungen, verkauften Frauen als Sexsklavinnen oder zwangen sie zur Konversion und Heirat mit Kämpfern. Viele Menschen flohen in die Sinjar-Berge oder andere Gebiete. Obwohl der IS bereits vor sieben Jahren besiegt wurde, leiden die Jesiden noch immer.

Der Wiederaufbau verläuft langsam. In der Stadt arbeiten Baucrews zwischen den Trümmern. Auch in den umliegenden Gebieten ist das Ausmaß der Zerstörung deutlich sichtbar: eingestürzte Häuser, verlassene Tankstellen und beschädigte öffentliche Dienstleistungen. Das überwiegend sunnitische Viertel der Stadt liegt in Trümmern, und frühere Bewohner sehen sich der Feindseligkeit der Jesiden ausgesetzt, da ihnen vorgeworfen wird, mit dem IS kooperiert zu haben.

Die Zentralregierung und die kurdischen Behörden sind in einen Machtkampf um Sinjar verwickelt, wobei beide Seiten unterschiedliche lokale Regierungen unterstützen. Dieser Konflikt beeinflusst die Flüchtlingslager in der kurdischen Region, in denen viele Jesiden leben, die aus Sinjar geflohen sind.

Anfang des Jahres ordnete Bagdad die Schließung der Lager bis zum 30. Juli an und bot denjenigen, die das Lager verlassen, eine einmalige Zahlung von 4 Millionen Dinar (etwa 3.000 Dollar) an. Der stellvertretende Minister für die Vertriebenen, Karim al-Nouri, erklärt, die Rückkehrprobleme seien gelöst worden. Die kurdischen Behörden sprechen sich jedoch dagegen aus, die Lagerbewohner zum Verlassen zu zwingen. Berater Khairi Bozani betont, dass die Regierung den Menschen helfen sollte, an einen besseren Ort zu ziehen, nicht an einen schlechteren.

Khudeida Murad Ismail betreibt einen kleinen Laden in einem Camp in Dohuk und möchte dort bleiben. Ein Wegzug würde bedeuten, dass er sein Einkommen verliert, und das Geld, das er bekäme, reicht nicht aus, um sein Haus wieder aufzubauen. Viele Menschen im Camp teilen seine Ansicht.

Die Zukunft der Jesiden in Sindschar ist ungewiss. Die Nähe zur syrischen Grenze erschwert die Situation zusätzlich. Zahlreiche bewaffnete Gruppen und anhaltende Konflikte verhindern die Rückkehr der Menschen und den Wiederaufbau ihres Lebens.

Die Entscheidung der Jesidengemeinschaft ist schwer. Sie können entweder in ihre zerstörte Heimat zurückkehren oder in Lagern bleiben, wo es kaum Möglichkeiten gibt. Der Wiederaufbau von Sinjar ist nicht nur eine herausfordernde Aufgabe, sondern auch entscheidend, um die Kultur und Identität der Jesiden zu bewahren. Trotz der Schäden bleibt ihre Heimat für sie von großer Bedeutung.

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