Symbiotische Wunder: Wie winzige Algen im Ozean Stickstoff nutzen

Lesezeit: 2 Minuten
Durch Johannes Müller
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Marine Diatomeen und Bakterien arbeiten zusammen, um Stickstoff zu binden.

BerlinWissenschaftler haben entdeckt, wie Algen im Ozean den benötigten Stickstoff für ihr Wachstum erhalten. Forscher vom Max-Planck-Institut, Alfred-Wegener-Institut und der Universität Wien fanden heraus, dass eine Algenart namens marine Diatomee in enger Zusammenarbeit mit bestimmten Bakterien lebt. Diese Kooperation liefert einen Großteil des Stickstoffs in vielen Meeresgebieten.

Hauptpunkte:

  • Marine Diatomeen gehen eine Partnerschaft mit stickstofffixierenden Rhizobien-Bakterien ein.
  • Diese Bakterien ähneln denen, die Leguminosen auf dem Land unterstützen.
  • Die Zusammenarbeit spielt eine wichtige Rolle bei der globalen Stickstofffixierung und CO2-Aufnahme.
  • Diese Entdeckung könnte zu neuen landwirtschaftlichen Technologien führen.

Stickstoff ist entscheidend für alle Lebewesen. Er fördert das Wachstum von Nutzpflanzen und Meerespflanzen, die die Hälfte des weltweiten Sauerstoffs produzieren. Allerdings können Pflanzen Stickstoff aus der Luft nicht direkt nutzen. Nutzpflanzen wie Sojabohnen und Erbsen beherbergen Bakterien namens Rhizobien, die Stickstoff in eine für Pflanzen verwertbare Form umwandeln. Deshalb sind Hülsenfrüchte für die Nahrungsmittelproduktion so wichtig. Bis jetzt wussten Wissenschaftler jedoch nicht genau, wie Meerespflanzen ihren Stickstoff erhalten.

Im Jahr 2020 sammelten Wissenschaftler Meerwasser aus dem tropischen Nordatlantik, einer Region mit intensiver mariner Stickstofffixierung. Über einen Zeitraum von drei Jahren analysierten sie die Proben und entdeckten Genfragmente, die mit dem Enzym Nitrogenase verbunden sind, das Stickstoff fixiert. Überraschenderweise stammten diese Fragmente nicht von Cyanobakterien, von denen man bisher annahm, dass sie die Hauptakteure der Stickstofffixierung im Ozean sind.

Die Fragmente stammten von Bakterien, die den Rhizobien ähneln. Das Forschungsteam sequenzierte das Genom und nannte das Bakterium Candidatus Tectiglobus diatomicola. Diese Entdeckung markiert die erste bekannte Partnerschaft zwischen einer Diatomee und einem nicht-cyanobakteriellen Stickstofffixierer.

Wissenschaftler nutzten eine genetische Sonde, um die Rhizobien zu markieren und sie in ihrer natürlichen Umgebung zu beobachten. Dabei entdeckten sie Gruppen von vier Rhizobien innerhalb der Diatomeen. Die Bakterien versorgen die Diatomeen mit fixiertem Stickstoff und erhalten im Gegenzug Kohlenstoff. Sie produzieren dabei 100-mal mehr Stickstoff, als die Diatomeen für ihr Wachstum benötigen.

Die neue Beziehung ist im Ozean häufig anzutreffen, insbesondere in Gebieten, in denen stickstofffixierende Cyanobakterien selten sind. Diese kleinen Organismen sind entscheidend für die Produktivität der Meere und für die Aufnahme von Kohlendioxid aus der Atmosphäre.

Die Entdeckung eröffnet neue Möglichkeiten für die Landwirtschaft. Die marinen Rhizobien verfügen über ähnliche Eigenschaften wie die frühesten stickstofffixierenden Zellen in Cyanobakterien. Dies deutet darauf hin, dass diese neuen Symbionten und ihre Diatomeen-Wirte sich vielleicht in den Anfängen der Entwicklung zu einem einzigen Organismus befinden.

Wissenschaftler glauben, dass die geringe Größe und die zellähnlichen Eigenschaften der marinen Rhizobien sie zu guten Kandidaten für die Entwicklung stickstofffixierender Pflanzen machen. Dies könnte die Landwirtschaft grundlegend verändern. Forscher werden weiterhin diese neuartige Beziehung untersuchen und nach ähnlichen im Ozean suchen.

Folgende Institutionen nahmen an der Studie teil:

  • Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie, Bremen, Deutschland
  • Alfred-Wegener-Institut – Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, Bremerhaven, Deutschland
  • Universität Wien, Wien, Österreich

Die Studie wird hier veröffentlicht:

http://dx.doi.org/10.1038/s41586-024-07495-w

und seine offizielle Zitation - einschließlich Autoren und Zeitschrift - lautet

Bernhard Tschitschko, Mertcan Esti, Miriam Philippi, Abiel T. Kidane, Sten Littmann, Katharina Kitzinger, Daan R. Speth, Shengjie Li, Alexandra Kraberg, Daniela Tienken, Hannah K. Marchant, Boran Kartal, Jana Milucka, Wiebke Mohr, Marcel M. M. Kuypers. Rhizobia–diatom symbiosis fixes missing nitrogen in the ocean. Nature, 2024; 630 (8018): 899 DOI: 10.1038/s41586-024-07495-w
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