Neue Forschung: frühere Entwicklung lebenswichtiger Nervensystem-Komponenten entdeckt – Milliarden Jahre älter als gedacht
BerlinEine neue Studie von Forschern der Penn State hat unser Verständnis bestimmter Proteine, die für die elektrische Signalübertragung im Nervensystem wichtig sind, revolutioniert. Bisher wurde angenommen, dass Ionenkanäle der Shaker-Familie sich gemeinsam mit dem Nervensystem entwickelten und mit zunehmender Komplexität der Tiere auftraten. Die neuen Ergebnisse zeigen jedoch, dass diese Kanäle lange vor der Entwicklung des Nervensystems existierten. Die Studie fand heraus, dass diese Proteine viel älter sind als bisher gedacht.
Die Familie der Shaker-Kaliumionenkanäle entstand in einzelligen Organismen noch vor dem gemeinsamen Vorfahren aller Tiere. Choanoflagellaten, einzellige Organismen, die eng mit Tieren verwandt sind, besitzen Gene für Shaker-Ionenkanäle. Die Vielfalt der Ionenkanäle war bei den ältesten lebenden Tieren mit einfachen Nervenknoten am größten.
Ionenkanäle steuern den Fluss von Ionen durch Zellmembranen und ermöglichen elektrische Signale, die für die Kommunikation im Nervensystem unerlässlich sind. Die Shaker-Kanal-Familie sorgt speziell dafür, dass Kaliumionen die Zelle verlassen und so Aktionspotenziale beenden. Diese Kanäle können sich bei Veränderungen des elektrischen Feldes öffnen oder schließen.
Die Studie ergab, dass die Gene für Shaker-Ionenkanäle bei Choanoflagellaten enger mit den Kv2-, Kv3- und Kv4-Typen verwandt sind als bisher angenommen. Dies deutet darauf hin, dass diese Typen tatsächlich die ältesten sind. Der gemeinsame Vorfahre der Tiere besaß wahrscheinlich sowohl Kv1-Kanäle (wie bei Rippenquallen) als auch Kv2- bis Kv4-ähnliche Kanäle (wie bei Choanoflagellaten). Einige frühe Tiere, wie Rippenquallen und Schwämme, haben seitdem die Gene für Kv2- bis Kv4-ähnliche Kanäle verloren.
Diese Entdeckung stellt die gängige Annahme über die Komplexität der Evolution infrage. Sie zeigt, dass viele wichtige Bestandteile eines Nervensystems bereits vorhanden waren, bevor Tiere entstanden. Die Entdeckung dieser Ionenkanäle in einzelligen Organismen deutet darauf hin, dass die Evolution oft bestehende Bestandteile nutzt, anstatt neue zu entwickeln.
Das Verständnis der Entwicklung von Ionenkanälen im Laufe der Zeit hilft uns, ihre Funktionen besser zu erkennen. Dies ist besonders wichtig für die Behandlung von Erkrankungen wie Herzrhythmusstörungen und Epilepsie, die durch Probleme mit Ionenkanälen verursacht werden. Die genetische Sequenzierung, die Genverluste bei vielen verschiedenen Arten identifizieren kann, war für diese Erkenntnisse entscheidend und zeigt, dass die Evolution nicht immer geradlinig verläuft.
Die Studie wird hier veröffentlicht:
http://dx.doi.org/10.1073/pnas.2407461121und seine offizielle Zitation - einschließlich Autoren und Zeitschrift - lautet
Timothy Jegla, Benjamin T. Simonson, J. David Spafford. A broad survey of choanoflagellates revises the evolutionary history of the Shaker family of voltage-gated K + channels in animals. Proceedings of the National Academy of Sciences, 2024; 121 (30) DOI: 10.1073/pnas.2407461121Diesen Artikel teilen