Antarktische Eisschelfe speichern doppelt so viel Schmelzwasser wie erwartet, zeigt Studie

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Durch Johannes Müller
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Schmelzende Eisschelfe mit sich sammelndem Schmelzwasser und Meer.

BerlinForscher haben herausgefunden, dass auf den antarktischen Eisschelfen doppelt so viel Schmelzwasser vorhanden ist als bisher angenommen. Mehr als die Hälfte dieses Schmelzwassers im Sommer stammt aus Nassschnee, auch Slush genannt. Regionale Klimamodelle berücksichtigen diesen Nassschnee jedoch nicht genau.

Forscher der Universität Cambridge haben Künstliche Intelligenz eingesetzt, um das Schmelzwasser auf den antarktischen Eisschelfen zu untersuchen. Dabei entdeckten sie, dass 57 % des Schmelzwassers als Schneematsch vorliegt. Der Rest des Schmelzwassers sammelt sich in oberflächlichen Teichen und Seen. Diese Erkenntnis ist von großer Bedeutung, da eine erhöhte Menge an Schmelzwasser die Eisschelfe destabilisieren und deren Kollaps verursachen könnte, was zu einem Anstieg des Meeresspiegels führen würde.

Forscher nutzten Daten des Landsat 8 Satelliten von der NASA und arbeiteten mit der University of Colorado Boulder und der Technischen Universität Delft zusammen. Mithilfe von maschinellem Lernen entwickelten sie ein Modell zur Überwachung von Schmelzwasser- und Schlammbildung auf 57 antarktischen Eisschelfen von 2013 bis 2021.

Wichtige Erkenntnisse der Studie:

  • 57 % des Schmelzwassers liegt als Schneematsch vor.
  • 43 % bilden Schmelzwasserseen.
  • Schneematsch ist schwerer zu kartieren, da er in Satellitenbildern wie Schatten von Wolken aussieht.
  • Maschinelles Lernen kann mehr Lichtwellenlängen analysieren und Schneematsch genauer identifizieren.
  • Schneematsch und aufgestautes Schmelzwasser führen zu 2,8-mal mehr Schmelzwasserbildung als bei Standardmodellen vorhergesagt.

Dr. Rebecca Dell vom Scott Polar Research Institute in Cambridge erklärte, dass zum ersten Mal großflächig Schneematsch auf den Eisschelfen der Antarktis kartiert wurde. Die Studie enthüllt, dass mehr als die Hälfte des Oberflächen-Schmelzwassers in früheren Untersuchungen übersehen wurde. Dies ist bedeutsam, da Schmelzwasserpools aufgrund ihres Gewichts das Eis zum Brechen bringen können.

Schmelzwasser beeinflusst die Stabilität der antarktischen Eisschelfe. Mit der Erwärmung des Klimas bildet sich mehr Schmelzwasser auf diesen Eisschelfen. Dieses Schmelzwasser kann bestehende Risse füllen, sie vergrößern und möglicherweise zum Zerbrechen der Eisschelfe führen. Wenn die Eisschelfe kollabieren, könnte dies dazu führen, dass Gletschereis aus dem Inland ins Meer fließt und den Meeresspiegel ansteigen lässt.

Professor Ian Willis vom SPRI erläuterte, dass Schneematsch fester ist als Schmelzwasser und daher keine Risse im Eis verursacht wie das Wasser aus Seen. Trotzdem spielt Schneematsch eine bedeutende Rolle beim möglichen Kollaps von Eisschelfen. Sowohl Schneematsch als auch Seen sind dunkler als Schnee oder Eis, was bedeutet, dass sie mehr Sonnenwärme absorbieren. Diese zusätzliche Wärme führt zu verstärktem Schmelzen des Schnees und trägt zum allgemeinen Abschmelzen bei.

Dr. Dell zeigte sich erstaunt darüber, dass Schmelzwasser in Klimamodellen nicht ausreichend berücksichtigt wurde. Die Forscher streben nun an, diese Modelle genauer zu machen, indem sie Unsicherheiten verringern. Sie prognostizieren, dass Teile der Antarktis, die derzeit trocken sind, künftig Schmelzwasser aufweisen könnten, da das Klima wärmer wird.

Die Studie wurde durch die Europäische Weltraumorganisation und den Natural Environment Research Council (NERC) finanziert, der Teil von UK Research and Innovation (UKRI) ist. Rebecca Dell ist eine Fellow am Trinity Hall in Cambridge.

Die Studie wird hier veröffentlicht:

http://dx.doi.org/10.1038/s41561-024-01466-6

und seine offizielle Zitation - einschließlich Autoren und Zeitschrift - lautet

Rebecca L. Dell, Ian C. Willis, Neil S. Arnold, Alison F. Banwell, Sophie de Roda Husman. Substantial contribution of slush to meltwater area across Antarctic ice shelves. Nature Geoscience, 2024; DOI: 10.1038/s41561-024-01466-6
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